Best Of Breed oder Best Of Suite? Diese Frage stellt sich häufig, wenn Unternehmen ihre Datenstrukturen verwalten wollen. Unser Goldpartner Arrabiata hat beide Strategien an einem fiktiven Beispiel analysiert und miteinander verglichen.
Zwei Ansätze und der Vergleich, welcher aus unserer Sicht den sogenannten Sweetspot für die Digitalisierung im Mittelstand darstellt
Pimcore ist eine Plattformlösung mit der Kernaufgabe, Datenstrukturen zu verwalten. In einer darüberliegenden Schicht sind Funktionalitäten modular angelegt und werden gebündelt als Applikationen wie PIM oder DXP bzw. auch als Entwicklungsframework für E-Commerce angeboten. Dadurch ist der Einsatz sowohl in einer IT-Architektur aus spezialisierten Einzelkomponenten (Best-of-Breed) als auch in einem Szenario möglich, in dem Pimcore alle benötigten Prozesstätigkeiten in einem integrierten System abbildet (Best-of-Suite).
Welche der beiden Strategien idealer ist, bleibt zunächst natürlich immer eine Bewertung des Einzelfalls, in der man einige Aspekte berücksichtigen muss. Und dennoch sehen wir vielversprechende Potenziale in der Integrationslösung insbesondere für mittelständischen Unternehmensgrößen. Um sich zu dieser Einschätzung vorzuarbeiten, bedienen wir uns einem fiktiven Beispiel mit Anforderungen, wie sie sehr häufig in unserer Projektpraxis anzufinden sind.
Fiktives Anforderungsprofil einer Schuhmarke
Erschaffen wir zunächst gedanklich einen Produzenten aus dem Segment Fashion, noch genauer aus dem Bereich Schuhe, der auf der B2B-Seite Händler und Einkaufsvereinigungen beliefert, seit mehreren Jahren aber auch über den E-Commerce-Weg direkt an den Endkunden verkauft. Unser Hersteller hat sein Sortiment in zwei Marken gegliedert. Eine Brand hat Lifestyle-Fokus und eine zweite bedient die Nachfrage nach Arbeits- und Sicherheitsschuhen.
Das Ziel aus IT-Sicht soll nun sein, eine Plattform zu schaffen, die E-Commerce und CMS kombiniert. Insbesondere aus dem Marketing kommt die Anforderung, das Kauferlebnis mit entsprechenden Inhalten und Storytelling drumherum aufzuwerten. Man spricht dabei von Content Commerce, wenn gewissermaßen der Inhalt den Nutzer führt – ein Beispiel könnte eine Kampagne zu einem bestimmten Schuhtrend im urbanen Raum sein – und die Kauffunktionalität darin eingebettet ist.
Unser fiktives Unternehmen agiert international. Somit benötigen wir neben der Mehrsprachigkeit länderspezifische Subshops mit eigenen Preisen, Verfügbarkeiten und möglicherweise regionalem Content. Für beide Marken sollen im Gesamten zwei Lager angebunden sein.
Um das Thema Erweiterbarkeit noch kurz anzuschneiden, möchten wir in unserem Case zukünftige Geschäftsmodelle vertesten können. Der Anbieter denkt dabei an ein Abo-Modell für Schuhe bzw. eine Leasingform im B2B-Absatz.
Soweit grob die Ausgangssituation für die weitere Architekturentscheidung.
Chancen und Risiken bei der Best-of-Breed-Variante
Schauen wir uns kurz an, welche Systeme benötigt werden. Da wir von einem vorhandenen ERP ausgehen, sind die Komponenten Content-Management (CMS) und E-Commerce zwingend, ein Produktinformationsmanagement (PIM) wäre optional aber durchaus sinnvoll. Ein System für das Handling von Kundendaten inkl. deren Segmentierung, das z.B. die Personalisierung innerhalb der Applikation ermöglichen würde, wäre im ersten Schritt fast schon Luxus.
Wählt man nun Pimcore nur für eine der benötigten Einzelaufgaben aus, wären mehrere Szenarien denkbar, die beiden sinnvollsten Modelle sind sicher:
- Pimcore als PIM-only mit einer Shopsoftware, die die CMS-Aufgabe übernimmt
- Pimcore als CMS und einem headless betriebenem Shop, bei diesem Ansatz kann Pimcore gleichzeitig auch die Produktdaten als PIM verwalten
Ein klarer Vorteil einer Shopsoftware mit Basisfunktionalitäten ist in jedem Fall die geringe Time-to-market. Innerhalb eines kurzen Zeitraums lässt sich ein solches System aufsetzen und mit vorhandenen Plugins erweitern, möglicherweise existiert bereits eine B2B-Version, die entsprechende Funktionen vorhält.
Betrachtet man die Nachteile, stößt man schnell auf die Herausforderungen, die zwei oder mehr Systeme naturgemäß mit sich bringen. Führt man neue Features ein, müssen diese meist in jeder Software implementiert werden, bzw. ist der Austausch zwischen den Systemen anzupassen. Der technische Mehraufwand betrifft aber auch die Wartung und Updates der eingesetzten Applikationen. Generell ist die Erweiterbarkeit eine Einschränkung, hat man sich für ein fertiges System und nicht für ein Entwicklerframework entschieden. Ersteres lässt sich nur über Plugin-Strukturen und sehr mit Vorsicht zu genießenden Änderungen am Core erweitern. Abhängigkeiten in der Updatefähigkeit sind hier die Folge.
Die Integration von Systemen mit globalen Warenkörben, übergreifenden Suchfunktionen und nahtloser Verschmelzung der Produktinhalte ist und bleibt technisch (und nicht zuletzt performanceseitig) herausfordernd.
Für Bediener und vor allem Redakteure sind in den meisten Fällen mehrere Backends zu bedienen und zuletzt ist auch der Aspekt von mehrfachen Lizenzkosten zu berücksichtigen.
Chancen und Risiken des Best-of-Suite-Ansatzes
Der wesentliche Unterschied dieser Architekturform baut darauf, dass sämtliche Daten und Assets gemäß dem Plattformgedanken von Pimcore zentral abgelegt und bedient werden. Die funktionale Ebene greift global darauf zu, das bedeutet es gibt keine Redundanzen in der Datenhaltung. Um dies an einem Beispiel zu skizzieren, denken wir zurück an unseren Schuh-Fall. Wird ein Modell in der Ausführung überarbeitet und hat danach eine andere Schafthöhe beispielsweise, wird sowohl dieser Parameter und auch die Produktabbildung in den strukturierten Daten ersetzt. Im selben Moment greifen alle Funktionen wie die Ausgabe im CMS, im Shop aber auch in jedem weiteren denkbaren Kanal auf die neuen Werte zu.
Auch die Verknüpfung von Produktstammdaten und Inhalten gestaltet sich durch den Plattformansatz deutlich leichter. Entweder sind Marketingtexte bereits in strukturierter Form Teil des Produktdatensatzes oder das Datenmodell wird so aufgebaut, dass die Zuordnung Produkt und Content abgebildet wird. Den Gestaltungsfreiräumen auch für regelbasierte Zuweisung sind an dieser Stelle wenig Grenzen gesetzt.
Die Möglichkeit für hochgradige Individualisierung findet sich zudem im E-Commerce-Part von Pimcore. Das Framework bietet im Gegensatz zu einem Standard-Shopsystem die Flexibilität, nahezu jeden Geschäftsvorfall abbilden zu können und an keine Restriktionen hinsichtlich Checkout oder ähnlichem gebunden zu sein.
Für die Bediener im Unternehmen gibt es einzig und allein ein zentrales Backend. Um dieses durch eine Vielzahl von Komponenten nicht unnötig komplex zu machen, lassen sich für unterschiedliche Rollen eigene Ansichten konfigurieren. So bleiben jeweils nur die Kernaufgaben und relevanten Bereiche der Datenstrukturen sichtbar. Ein weiteres Pro an Bedienerfreundlichkeit ist die Möglichkeit des Inline-Editings, also dem Bearbeiten von Inhalten, vorzugsweise des CMS, im Frontend für Redakteure.
Zu guter Letzt stellen wir noch einen weiteren Vorteil heraus, der letztlich ein Resultat der entkoppelten Datenschicht ist. Mit verhältnismäßig einfachen Mitteln lässt sich auf Websites, Shops aber auch Portalen wie man sie im B2B häufig antrifft, Personalisierung umsetzen. Ein kombiniertes Bestell– und Serviceportal für unsere angeschlossenen Händler könnte ein entsprechendes Szenario sein. Da man sowohl auf Verhalten per Regel reagieren kann und Kundendaten integriert sind, ist das Ausspielen von zielgruppengerechten Inhalten einfach möglich – für bereits bekannte Nutzer aber auch für anonyme Besucher gleichermaßen. User, die im Bereich Damenschuhe stöbern, werden wir bei der Rückkehr auf die Startseite nicht mit einer Männerkampagne bespielen. Ähnlich lassen sich Produktverschläge im B2B-Portal gemäß unseres vorab definierten Händlersegments zeigen. Derartige Personalisierungs- und Vorschlagsfunktionen sind in Projekten meist aufwändig in Form von Drittsystemen zu implementieren und fallen häufig der Kosten-Nutzen-Rechnung zum Opfer. Dadurch sind selbst simple Personalisierungskonzepte leider immer noch selten im Web anzutreffen, die Integrationslösung von Pimcore kann hier relativ unaufwändig Abhilfe schaffen.
Es wäre kein ehrlicher Vergleich, würden wir die Nachteile dieses Ansatzes unberücksichtigt lassen. In jedem Fall ist eine erste Projektphase aufwändiger, da wenig auf Out-of-the-box-Bestandteile zugegriffen werden kann und saubere Grundlagenarbeit verrichtet werden muss. Das betrifft das Datenmodell gleichermaßen wie das CMS-Templating und E-Commerce-Funktionalitäten. So ließe sich ein Quick-Start mit einem Shop als MVP-Ansatz nicht mit vergleichbar geringem Aufwand wie mit Standardsoftware angehen. Zugleich jedoch ist die Basis eine unvergleichbar längerfristige, das auf die solide entwickelte Datenstruktur künftig jede Applikation aufbauen wird.
Zugegebenermaßen macht man sich mit Best-of-Suite von einem Hersteller ein großes Stück weit abhängig – inwiefern dies ein Risiko darstellt, ist selbstredend vom Partner abhängig. Minimiert wird dies im Falle Pimcore durch die quelloffene (Open Source) Lösung, was in Kombination mit den verwendeten, auf dem Markt führenden Technologien widerum ein großes Stück unabhängig und flexibel macht. Um Pimcore einzusetzen bleibt noch die Anforderung an Know-how in Symfony. Da dies ebenfalls quasi Industriestandard darstellt und die Partnerstruktur von Pimcore mit zertifizierten Entwicklern nicht unerheblich ist, relativiert sich auch dieser Aspekt.
Unser Fazit
Als unabhängige Agentur und Berater mit dem Versprechen, technologieneutral das Individualbusiness zu betrachten, bleiben wir bei unserem Standpunkt, zunächst immer beide Archtitekturansätze mit ihren Vor- und Nachteilen zu prüfen. Dennoch gefällt uns die Grundidee “Datenplattform” sehr und die grundsätzlichen Vorzüge sind nicht von der Hand zu weisen. Kernanforderungen in einer Vielzahl an Transformationsprojekten ähneln sich zumeist, was uns unser Urteil erlaubt: Die Integrationslösung kann zu einem enormen Treiber bei der Digitalisierung gerade in mittelständischen Unternehmen werden. Die Kombination aus niedrigeren Gesamtkosten für Projekt und Betrieb kombiniert mit Erweiterbarkeit und damit Zukunftssicherheit sehen wir als sehr spannende Schnittmenge – im Leistungssport würde man hierbei vom „Sweetspot“ sprechen.
Arrabiata, Digitalagentur für den Mittelstand aus München
Arrabiata ist keine Pastasauce, aber im übertragenen Sinne die möglicherweise entscheidende Komponente für ein erfolgreiches Produkt auf dem Teller der Digitalisierung.
Die Full-Service-Digitalagentur aus München steht für die ausgewogene Kombination von UX-/UI-Lösungen, technischer Entwicklungskompetenz u.a. mit Pimcore und strategischem Weitblick in Web-Projekten. Ein Team mit 45 Spezialisten treibt im Mittelstand wie auch im Konzernumfeld die digitale Lösungsfindung auf Augenhöhe voran. Schwerpunkt liegt dabei auf den Feldern Commerce, Communication und Learning.
Weiterführende Inhalte
Mehr Input zum Aufbau und der Anwendung von Pimcore bieten wir in unserem aktuellen Videotraining auf LinkedIn Learning. Der Online-Kurs "Pimcore: Ein erster Blick" schafft einen Gesamtüberblick in 3 Themenblöcken:
- Pimcore auf einen Blick
- Daten verwalten mit Pimcore
- Content Management und E-Commerce mit Pimcore
Desweiteren werden in zwei einstündigen Online-Seminaren die Themen Digital Experience Platform (DXP) und Datenmanagement eingehender behandelt. Aufzeichnungen sind über die Website von Arrabiata erhältlich.
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